Camilla Haas berichtet aus Wilson (New York / USA)

Einfach mal weg von zu Hause, auf sich alleine angewiesen sein, sein Leben selbstständig managen, das war doch immer schon mein großer Traum gewesen. Und nun sollte er endlich wahr werden, denn ich hatte mich für einen Austausch in Amerika entschieden.

Nach nur wenigen Wochen erhielt ich die Antwort, die mein Leben verändern würde: Aufgenommen im so genannten „Exchange Programm“ von GIVE. Mir kamen beinahe die Tränen vor Freude, denn nun würde ich mein Traumland endlich kennen lernen und zwar von allen Seiten.

Eine einmalige Chance, die jedoch auch mit Abschieden verbunden war, wobei ich heute zugeben muss, dass ich mir dessen gar nicht so wirklich bewusst gewesen bin, als ich ins Flugzeug nach Chicago einstieg.

Nicht mal, als ich auf amerikanischem Boden gelandet war, machte es klick! Natürlich, alle Schilder waren in Englisch, die Angestellten im Flughafen überaus freundlich, ein anderes Klima im Vergleich zum verregneten Deutschland! Trotzdem fühlte ich mich nicht fremd oder unbehaglich, nein, ganz im Gegenteil: ich wusste, dass ich etwas Großartigem entgegen gehen würde. Es war endlich geschehen: ich lebte meinen Traum, im Land der Träume!

Da ich meine Gastfamilie, die ich circa drei Monate vor Abflug zugeteilt bekam, schon über E-Mail und zahlreiche Briefe kennen gelernt hatte, war die erste Begegnung auch alles andere als fremd, viel mehr vertraut. Natürlich war ich auch geschafft von dem langen Flug, doch meine Entdeckungsfreude hielt mich wach, bis ich an meinem Zielort angekommen war: der Hafenort Wilson in New York State, nahe gelegen der Grenze zu Kanada an den Niagara Fällen.

Mit meiner Familie kam ich auf Anhieb klar und selbst wenn es Probleme gab, haben wir es immer stets gemeinsam geschafft sie durch Diskussionen zu lösen, wir wuchsen zusammen, wie eine richtige Familie, die mir wenn ich ehrlich sein soll auch heute noch fehlt. Es ist schon etwas anderes jeden Tag E-Mails zu schreiben oder mit der Familie zu leben. Das ist doch irgendwie lustig: Heimweh nach der Ferne!

Auch an der Schule fand ich mich sehr schnell zurecht, zumal ich schon vor Schulbeginn am Volleyballtraining teilnahm und Ehrenmitglied des Teams wurde. Das Trikot habe ich selbstverständlich immer noch und trage es stolz im Sportunterricht hier in Deutschland!

Da Wilson ein kleineres Dorf ist, in dem jeder jeden kennt, kannte mich bald die ganze Schule, alle waren sehr hilfsbereit und freundlich, ja auch die Lehrer, nicht was man hier aus Deutschland gewöhnt ist. In Amerika können Lehrer Freunde sein. So kochte ich einmal mit meiner Geschichtslehrerin ein deutsches Gericht und hatte jede Menge Spaß.

Mit dem Schulstoff hatte ich keinerlei Probleme, musste den höchsten Kurs in Mathematik belegen und ging in meiner Freizeit, wenn nicht ein Volleyballevent anstand, zu anderen sportlichen Festivals, wie zum Beispiel zu Football Spielen. Erlebnisse, die ich nie vergessen werde. Einmalig dieser Teamspirit! Mit einigen Freundinnen, die ich schnell gefunden hatte, weil man mir sehr offenherzig entgegen kam, ging ich dann ab und zu shoppen in einem der gigantischen Einkaufzentren, den „Malls“ oder besuchte eine Hausparty in der Umgebung, alles natürlich mit der Einverständnis meiner Gasteltern, denn sie hatten ja die Verantwortung für mich übernommen.

Natürlich war ich auch an den Niagara Fällen- doch ich muss euch enttäuschen, so umhauend sind die gar nicht, denn ich habe sie gesehen und lebe immer noch;  die andere Seite der Niagara Fälle, der Teil, der in Kanada liegt, ist dafür voll mit Spielhöllen und bunten Lichtern, einfach ein traumhaftes Erlebnis dort während der Novembertage spazieren zu gehen.

Sogar in die Kirchengemeinde wurde ich integriert, ich war Mitglied des Kirchenchors und stand für zwei Theaterstücke auf der Bühne, ein großartiges Gefühl, was mir immer in Erinnerung bleiben wird.

Kurz vor meinem Abflug, der leider schon im Februar war, da ich das Programm nur für ein halbes Jahr anvisiert hatte, da ich zu Hause in Deutschland noch mein Latinum zu vollenden hatte, flogen wir dann gemeinsam in den Süden, ins Disneyland in Orlando, Florida. So zu sagen als i-Tüpfelchen, was mein Aufenthalt aber gar nicht mehr gebraucht hätte, da er so unbeschreiblich schön und lehrreich war. Ich hätte mich jedenfalls selbst dafür ohrfeigen können, dass ich vorher noch so unsicher gewesen war und nur ein halbes Jahr in Angriff genommen hatte, weil ich wirklich liebend gerne verlängert hätte. Doch leider wollte das meine deutsche Familie nicht und so hieß es für mich Ade am Ende des Januars.

Ich kann von mir aus nur sagen, dass ich in dem halben Jahr immense Entwicklungsfortschritte gemacht habe, die sich in Deutschland wahrscheinlich niemals so schnell eingefunden hätten! Meine Persönlichkeit ist gereift, ich fühle mich reif für ein Leben in der Erwachsenenwelt auf eigenen Beinen und wem kann ich dieses Gefühl nicht auch von Herzen wünschen!

Mein Tipp:

Habt Mut, traut euch die Reise an zutreten, macht euch auf den Weg zu euch selbst! Nie wieder im Leben wird man eine solche Möglichkeit und Chance geboten bekommen!

Wenn nicht jetzt, wann dann…!?

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